Veranstaltungsarchiv Thomas Mann House
Juli 2022
Exit Exil. Fünf Frauenleben in L.A. (4/5): Das geteilte Leben
Radio
von Étienne Roeder
Sendedatum: 1. Juli 2022
Sendezeit: 19:15 Uhr
Regie: Philippe Brühl
Produktion: Deutschlandfunk 2022
Weitere Informationen: www.hoerspielundfeature.de
Fritzi Massary war die berühmteste Operettensängerin ihrer Zeit. Doch dann kamen die Nazis, ihre Flucht nach Los Angeles und das Vergessen. Zeit, ihre Geschichte zusammen mit der Komponistin Farahnaz Hatam wiederzuentdecken.
Vor gut 100 Jahren war die junge Österreicherin Fritzi Massary ein Star auf den Bühnen Berlins. Sie war das Gesicht des Berliner Metropol-Theaters, mit dem frivolen Lied „Warum soll eine Frau kein Verhältnis haben“ landete sie einen Hit. Doch schon bevor Hitler an die Macht kam, störten SA-Leute mit Sprechchören ihre Aufführungen.
Nach ihrer Flucht 1932 lebte sie in Los Angeles in Nachbarschaft zur deutschen Exilanten-Bohème um Thomas Mann und Marta und Lion Feuchtwanger. Aber auch wenn ihr 1957 das Bundesverdienstkreuz verliehen wurde, war es mit ihrer Karriere vorbei.
Gemeinsam mit der Komponistin und Villa Aurora-Stipendiatin Farahnaz Hatam besucht Étienne Roeder in Berlin den Ort ihrer großen Erfolge – um zu entdecken, dass der Geist „der Massary“ dort noch immer in der Luft liegt.
Eine Kooperation von Villa Aurora & Thomas Mann House und Deutschlandfunk.
Die Radiofeatures "EXIT EXIL. 5 Frauenleben in LA" werden nach der Ausstrahlung im Radio in unserer App "Exit Exil" präsentiert, die ab Sommer 2022 in den Appshops kostenlos verfügbar sein wird. Sie wird sich in den kommenden Jahren zu einer zentralen Plattform für künstlerische, journalistische und wissenschaftliche Beiträge mit dem Schwerpunkt des deutschsprachigen Exils in den USA entwickeln. Aktuell geführte Debatten um Migration, Identität usw. nehmen dabei einen prominenten Platz ein. EXIT EXIL ist als Netzwerkprojekt angelegt und wird sukzessive um weitere Inhalte von Alumni der VATMH-Residenzprogramme und Kooperationspartner:innen aus Kultur und Wissenschaft erweitert. Die Infrastruktur der App ist auf zehn Jahre gesichert.
EXIT EXIL wurde entwickelt im Rahmen von „dive in. Programm für digitale Interaktionen“ der Kulturstiftung des Bundes, gefördert durch die Beauftragte der Bundesregierung für Kultur und Medien (BKM) im Programm NEUSTART KULTUR.
Exit Exil. Fünf Frauenleben in L.A. (5/5): Die verkannte Frau
Radio
von Étienne Roeder
Sendedatum: 8. Juli 2022
Sendezeit: 19:15 Uhr
Regie: Philippe Brühl
Produktion: Deutschlandfunk 2022
Weitere Informationen: www.hoerspielundfeature.de
Heinrich Manns Ehefrau Nelly Kröger kam aus einfachen Verhältnissen. Im Exil in L.A. bekam sie die ganze Verachtung der großbürgerlichen Intellektuellen-Familie zu spüren. Etienne Roeder begibt sich in Los Angeles auf ihre Spuren.
Eine Geschichte wie im Märchen: Ein Barmädchen verliebt sich in einen reichen, angesehen Mann. Sie heiraten und könnten gemeinsam glücklich werden. Doch die ungebildete und mittellose Nelly Kröger wird von der Familie ihres berühmten Ehemannes nie akzeptiert.
Dabei hätte Heinrich Mann ohne seine Frau die strapaziöse Flucht nach Frankreich und später Amerika wohl nie überlebt. Einsam und verzweifelt nahm sie sich 1944 das Leben.
In der letzten Folge der Reihe „Exit Exil“ reist Étienne Roeder nach L.A., um mehr über dieses tragische Leben zu erfahren und die Orte der vergangenen Folgen persönlich zu besuchen.
Eine Kooperation von Villa Aurora & Thomas Mann House und Deutschlandfunk.
Die Radiofeatures "EXIT EXIL. 5 Frauenleben in LA" werden nach der Ausstrahlung im Radio in unserer App "Exit Exil" präsentiert, die ab Sommer 2022 in den Appshops kostenlos verfügbar sein wird. Sie wird sich in den kommenden Jahren zu einer zentralen Plattform für künstlerische, journalistische und wissenschaftliche Beiträge mit dem Schwerpunkt des deutschsprachigen Exils in den USA entwickeln. Aktuell geführte Debatten um Migration, Identität usw. nehmen dabei einen prominenten Platz ein. EXIT EXIL ist als Netzwerkprojekt angelegt und wird sukzessive um weitere Inhalte von Alumni der VATMH-Residenzprogramme und Kooperationspartner:innen aus Kultur und Wissenschaft erweitert. Die Infrastruktur der App ist auf zehn Jahre gesichert.
EXIT EXIL wurde entwickelt im Rahmen von „dive in. Programm für digitale Interaktionen“ der Kulturstiftung des Bundes, gefördert durch die Beauftragte der Bundesregierung für Kultur und Medien (BKM) im Programm NEUSTART KULTUR.
Machines of Mistrust – The Fabric of Digital Cultures: Ein Gespräch mit Soraya de Chadarevian, Claus Pias und Fred Turner
Los Angeles
2022 Thomas Mann Fellow Claus Pias, die Wissenschafts-, Technologie- und Medizinhistorikerin Soraya de Chadarevian (University of California, Los Angeles) und der Medienwissenschaftler Fred Turner (Stanford University) diskutieren über die aktuellen Zusammenhänge zwischen Technologien, Politik und Vertrauen in einer digitalen Welt. Das Gespräch im Garten des Thomas Mann House wird moderiert von Thomas Mann Fellow Ulrich Johannes Schneider.
Der digitalen Revolution liegt ein Paradox zugrunde: Einerseits stehen uns mehr Informationen denn je zur Verfügung, andererseits scheint es immer unmöglicher zu werden, sich in parteipolitischen Konflikten auf grundlegende Fakten zu einigen. In der heutigen digitalen Medienökosphäre haben Probleme wie so genannte „Echokammern“, mangelnde Transparenz bei der Überprüfung von Fakten aus seriösen Quellen und die Verstärkung radikaler Minderheitenmeinungen durch intransparente Algorithmen zu einem schwindenden Vertrauen sowohl in „traditionelle“ Mediensysteme als auch in Social-Media-Plattformen geführt. Wie kommt es, dass gerade die Technologien, von denen viele dachten, sie würden unser Vertrauen ineinander stärken, dieses in Wirklichkeit untergraben haben? Gemeinsame Vorstellungen von Vertrauen in Wissenschaft und Technologie wurden im Laufe der Jahrhunderte unterschiedlich konstruiert und durch sich ständig verändernde Medienkonstellationen vermittelt - von persönlichen Zeugenaussagen über von Fachleuten geprüfte Zeitschriftenartikel bis hin zum Nachrichten-Feed von Twitter. Lassen sich möglicherweise Schlussfolgerungen für die Zukunft ziehen, wenn wir unsere historische Beziehung zu Technologien und digitalen Medien betrachten?
Während seiner Zeit im Thomas Mann House untersucht Claus Pias, Professor für Geschichte und Epistemologie der Medien, die Anfänge der Narrative rund um das „digitale Zeitalter“ und seine historiographischen, wirtschaftlichen, wissenschaftlichen und ideologischen Zwecke. Gemeinsam mit Soraya de Chadarevian, Professorin am Fachbereich Geschichte und am Institut für Gesellschaft und Genetik an der UCLA, sowie Fred Turner, Professor für Kommunikation an der Stanford University, werden sie Fragen zu unseren Vorstellungen von den heutigen Medienumgebungen diskutieren.
Das Gespräch wird von 2022 Thomas Mann Fellow und Wissenshistoriker Ulrich Johannes Schneider moderiert.
Diese Veranstaltung findet im Thomas Mann House Los Angeles statt und ist nur auf Einladung zugänglich.
Teilnehmer:innen
Soraya de Chadarevian Soraya de Chadarevian ist Professorin an der Fakultät für Geschichte und am Institut für Gesellschaft und Genetik der UCLA. Sie ist Historikerin für Wissenschaft, Technologie und Medizin mit einem Hintergrund in Biologie und Philosophie. Ihr Hauptinteresse gilt den technischen und visuellen Praktiken der Biowissenschaften und der Biomedizin im zwanzigsten und einundzwanzigsten Jahrhundert. Sie kam von der Universität Cambridge an die UCLA. Ihre Forschung wurde durch zahlreiche Stipendien unterstützt, darunter zuletzt durch einen Stipendienpreis der National Science Foundation. Ihre jüngste Monographie Heredity under the Microscope: Chromosomes and the Study of the Human Genome (2020) ist eine Studie über die Nachkriegsgeschichte der menschlichen Vererbung, erzählt aus der Sicht der Chromosomen und der visuellen Beweise, die sie liefern.
Fred Turner ist Harry und Norman Chandler Professor für Kommunikation an der Stanford University. Er ist der Autor von Büchern wie Seeing Silicon Valley: Life inside a Fraying America (mit Mary Beth Meehan); L'Usage de L'Art dans la Silicon Valley; The Democratic Surround: Multimedia and American Liberalism from World War II to the Psychedelic Sixties, und From Counterculture to Cyberculture: Stewart Brand, the Whole Earth Network, and the Rise of Digital Utopianism. Bevor er nach Stanford kam, lehrte er Kommunikation an der John F. Kennedy School of Government in Harvard und an der Sloan School of Management des MIT. Außerdem arbeitete er zehn Jahre lang als Journalist. Turner hat zudem für Zeitungen und Zeitschriften, wie Boston Globe Sunday Magazine und Harper's.
Claus Pias studierte Elektrotechnik, Kunstgeschichte, Germanistik und Philosophie in Bonn und lehrte an den Universitäten Bochum, Essen, Wien und Princeton. Er ist Professor für Geschichte und Epistemologie der Medien an der Leuphana Universität Lüneburg und Direktor des Centre for Digital Cultures und des Institute for Advanced Studies in Media Cultures of Computer Simulation. Seine Forschungsschwerpunkte sind die Geschichte der Medien in Wissenschaft, Technik und Kunst. Derzeit arbeitet er an der zeitlichen und epochalen Semantik digitaler Kulturen und ihren Anfängen im Kalten Krieg. Neben anderen Veröffentlichungen ist Pias Autor von Büchern wie Computer Game Worlds und The Oxford Handbook of Media, Technology, and Organization, mit Robin Holt und Timon Beyes. Claus Pias ist 2022 Thomas Mann Fellow.
Ulrich Johannes Schneider ist Bibliothekar und Wissenshistoriker. Seit 2005 ist er Direktor der Universitätsbibliothek Leipzig. Von 1999 bis 2005 war Ulrich Johannes Schneider Leiter der Abteilung Forschungsprojekte und Forschungsplanung an der Herzog August Bibliothek in Wolfenbüttel. Seit 2004 ist er Professor für Philosophie am Institut für Kulturwissenschaften der Universität Leipzig. Schneiders mehrjähriges Projekt einer globalen Bibliotheksgeschichte der Moderne untersucht den sozialen Status von Bibliotheken in unterschiedlichen gesellschaftlichen Kontexten anhand der Bibliotheksnutzung. Ulrich Johannes Schneider ist 2022 Thomas Mann Fellow.
Buchvorstellung: Thomas Mann's Los Angeles - Stories from Exile 1940—1952
Los Angeles
Anlässlich des Erscheinens des Buches Thomas Mann's Los Angeles: Stories from Exile 1940-1952 (Angel City Press, 2022) führen die Herausgeber Nikolai Blaumer & Benno Herz ein Gespräch mit den Autor:innen Tobias Boes, Donna Rifkind und Alex Ross im Garten des Thomas Mann House Los Angeles.
Thomas Mann’s Los Angeles: Stories from Exile 1940–1952 zeichnet anhand wunderschöner Illustrationen und rund siebzig unterhaltsamer Kurz-Essays über Literatur, Film, Musik, Freizeit, politisches Denken und mehr ein lebendiges Porträt vom Leben und den Erfahrungen Thomas Manns während seiner Zeit im Exil in L.A.. Wenngleich Mann und andere Emigrant:innen sich im Kampf gegen den Faschismus in Deutschland einsetzten, verinnerlichten sie zugleich auch die Kultur ihrer Wahlheimat und bereicherten diese maßgeblich.
Die Manns beherbergten in ihrem modernistischen Haus, das von dem Architekten J.R. Davidson entworfen wurde, das Who's Who der gesellschaftlichen, kulturellen und politischen Prominenz. Zu ihrem Kreis gehörten unter anderem die Schriftsteller:innen Bertolt Brecht, Vicki Baum, Christopher Isherwood und Aldous Huxley, die Schauspielerin, Drehbuchautorin und Aktivistin Salka Viertel, die Hollywood-Größen Max Reinhardt und Ernst Lubitsch sowie Komponisten wie Igor Strawinsky und Arnold Schoenberg.
Thomas Mann's Los Angeles vermittelt die Vielfältigkeit von Manns Zeit in L.A. anschaulich anhand der Menschen und Orte, die sie geprägt haben und stellt deren Bezüge mit Mann, untereinander und zur Gegenwart dar.
Das Buch, das seit 12. Juli im Buchhandel erhältlich ist, wurde von Angel City Press in Zusammenarbeit mit dem Thomas Mann House herausgegeben. Anlässlich der Veröffentlichung moderieren die Herausgeber Nikolai Blaumer und Benno Herz ein Gespräch mit drei der im Buch vertretenen Autor:innen: dem Germanistikprofessor Tobias Boes (University of Notre Dame), der Buchkritikerin und Autorin Donna Rifkind und dem Musikkritiker Alex Ross.
Diese Veranstaltung findet im Thomas Mann House statt und ist nur auf Einladung zugänglich.
Teilnehmer:innen
Tobias Boes ist Inhaber des Lehrstuhls für deutsche und russische Sprachen und Literaturen an der University of Notre Dame. Seine Forschungen konzentrieren sich auf die Verbreitung der deutschen Kultur in der Welt und auf die Frage, wie die deutsche nationale Identität durch globale Kräfte geformt wird. In seinem jüngsten und von der Kritik hochgelobten Buch Thomas Mann's War: Literature, Politics, and the World Republic of Letters zeichnet er nach, wie Thomas Mann zu einem der prominentesten Antifaschisten Amerikas wurde.
Donna Rifkind ist Buchkritikerin und Autorin. Ihre Rezensionen wurden unter anderem im Wall Street Journal, der New York Times, der (London) Times und in der Washington Post veröffentlicht. Ihr 2020 erschienenes und von der Kritik hochgelobtes Buch The Sun and Her Stars: Salka Viertel and Hitler's Exiles in the Golden Age of Hollywood erzählt die wenig bekannte Geschichte der Drehbuchautorin Salka Viertel und war in der Endauswahl des National Jewish Book Award. 2006 war sie für die renommierte "Nona Balakian Citation for Excellence in Reviewing" des National Book Critics Circle nominiert.
Alex Ross ist seit 1996 Musikkritiker bei The New Yorker. Sein erstes Buch, The Rest Is Noise: Listening to the Twentieth Century, wurde mit dem National Book Critics Circle Award ausgezeichnet und war in der Endauswahl für den Pulitzer-Preis. Sein zweites Buch, Listen to This, ist eine Sammlung von Essays. Sein neuestes Buch, Wagnerism: Art and Politics in the Shadow of Music, ist eine Abhandlung über Wagners enormen kulturellen Einfluss. Für The New Yorker hat er bereits häufig über Thomas Mann und die Emigrantengemeinde in L.A. geschrieben.
Nikolai Blaumer war von der Eröffnung des Thomas-Mann-Hauses in Los Angeles im Jahr 2018 bis Mai 2022 Programmdirektor. Er promovierte in Philosophie an der Ludwig-Maximilians-Universität München (LMU) und lehrte an der LMU, der Bauhaus-Universität Weimar und an der University of California in Los Angeles. Seit 2014 ist er für die Abteilung Kultur des Goethe-Instituts tätig. Blaumer ist Mitherausgeber des Buches Teilen und Tauschen (S. Fischer Verlag, 2017).
Benno Herz ist Programmdirektor des Thomas Mann House in Los Angeles und war dort zuvor Projektleiter. Bevor er zum Thomas Mann House kam, arbeitete er im Bereich Online-Kommunikation für das Städel Museum in Frankfurt, Deutschland. Herz hat Theater-, Film- und Medienwissenschaften an der Goethe-Universität Frankfurt mit den Schwerpunkten digitale Ästhetik und Schnittstellentheorie studiert. In den Jahren 2021 und 2022 unterrichtete er an der University of California Los Angeles am Fachbereich Digital Humanities über europäisches Exil.
Communicating Across Political Fault Lines – Reaching the 'Unreachable:' Andreas Nitsche & Martin Kaplan im Gespräch
Los Angeles
2022 Thomas Mann Fellow Andreas Nitsche und Martin Kaplan, USC Annenberg Professor für Unterhaltung, Medien und Gesellschaft, treffen sich im Thomas Mann House, um über die Frage zu diskutieren, wie ein Dialog zwischen polarisierten Teilen der Gesellschaft wieder ermöglicht werden kann.
In den letzten Jahren ließ sich auf beiden Seiten des Atlantiks der Aufstieg des Populismus und damit verbunden eine zunehmende Polarisierung und Radikalisierung beobachten. Sich vermehrt verbreitende Desinformation stellt eine Herausforderung für Demokratien dar, und soziale Online-Netzwerke haben den Prozess der öffentlichen Meinungsbildung verändert. Demokratische Gesellschaften leiden unter dem Mangel an Dialogbereitschaft, der zwischen unterschiedlichen Teilen der Gesellschaft herrscht. Im Thomas Mann House diskutieren Martin Kaplan, Professor für Unterhaltung, Medien und Gesellschaft an der University of Southern California's Annenberg School for Communication and Journalism, und 2022 Thomas Mann Fellow Andreas Nitsche - auch im Hinblick auf Unterschiede und Gemeinsamkeiten zwischen den USA und Deutschland - darüber, was es bedarf, um diese Dialogbereitschaft wieder zu ermöglichen. Sie betrachten dabei den Zusammenhang zwischen Qualitätsjournalismus und der Aussicht auf eine groß angelegte Diskussion, und schauen auf (neue) Kommunikationsstrategien und deren ethische Implikationen.
In den USA sehen sich die gegnerischen Parteien oft als fremd, nicht vertrauenswürdig und von bösen Absichten geleitet an. Oftmals gibt es keine Einigkeit über Fakten, und das Vertrauen in die Wissenschaft schwindet zunehmend. Andererseits ist der unabhängige Journalismus nach wie vor ein Bollwerk der Demokratie, und Debatten können dazu beitragen, gegenseitiges Verständnis und Vertrauen aufzubauen. Während Deliberation im Wesentlichen ein Vorrecht kleiner Gruppen geblieben ist, müssen die Herausforderungen des digitalen Zeitalters in großem Umfang durch eine starke digitale Demokratie angegangen werden. Im Thomas Mann House diskutieren Martin Kaplan und Andreas Nitsche darüber, wie neue Formen der Massenkommunikation und die Ausweitung von Online-Diskussionen demokratische Prozesse verbessern und die Gesellschaft als Ganzes beeinflussen können. Welche effektiven Möglichkeiten gibt es für größere Gruppen von Menschen (oder die Gesellschaft als Ganzes), sich produktiv auszutauschen? Wie können Nachrichtenmedien und die Unterhaltungsindustrie zu einer informierten Gesellschaft beitragen, die zu zielführenden Diskussionen fähig ist?
Teilnehmer
Martin Kaplan hält den Norman Lear-Lehrstuhl für Unterhaltung, Medien und Gesellschaft an der USC Annenberg School for Communication and Journalism und ist Gründungsdirektor des Norman Lear Center der School, wo Wirkungen von (Unterhaltung-)Medien auf die Gesellschaft untersucht werden. Zu seinen Forschungsinteressen gehören die Wahlkampfberichterstattung in lokalen TV-Nachrichten, die Wirkung von Gesundheitsratgebern in Unterhaltungsmedien, die Verwendung von Narrativen zur Vermittlung von Wissenschaft und Wirkungen der Aufmerksamkeitsökonomie auf die Demokratie. Kaplan kommt aus Washington und Hollywood an die USC: Er war leitender Redenschreiber von Vizepräsident Walter Mondale und stellvertretender Leiter dessen Präsidentschaftskampagne. Bei Disney war er Studioleiter sowie Autor und Produzent von Spielfilmen, darunter Ein ehrenwerter Gentleman mit Eddie Murphy in der Hauptrolle.
Andreas Nitsche ist Informatiker mit dem Forschungsschwerpunkt demokratische Selbstorganisation und Algorithmen für Gruppenentscheidungen. Gegenstand seiner interdisziplinären Arbeit sind die Chancen und Risiken von Technologien für die Demokratie, für gesellschaftlichen Zusammenhalt, Inklusion und Konfliktmanagement. Im Rahmen von internationalen Veranstaltungen hat er Vorträge zu den philosophischen, politischen und technologischen Aspekten von Deliberation und glaubwürdiger Entscheidungsfindung gehalten und Workshops durchgeführt. Er ist Vorstand des Interaktive Demokratie e. V. und Mitgründer des LiquidFeedback Projekts. Andreas Nitsche ist 2022 Thomas Mann Fellow.


