Events | Oper und Demokratie: Konzert & Podiumsdiskussion mit Daniela Smolov Levy, Kira Thurman, Alex Ross, Jan Vogler & Kai Hinrich Müller

Los Angeles | 20. Januar 2024

Das Thomas Mann House und Musikwissenschaftler Kai Hinrich Müller (2023 Fellow) laden zu einer transatlantischen Gesprächs- und Konzertreihe ein, die sich jener Kunstform widmet, die auch für Thomas Mann eine große Leidenschaft war: die Oper. Im Zentrum steht ihr demokratisches Potenzial, das in verschiedenen Veranstaltungen in den USA und Deutschland erkundet wird. Wie kann Oper zu einer vielfältigen und inklusiven demokratischen Gemeinschaft beitragen? Diese Veranstaltung im Thomas Mann House ist der erste Event der Reihe Oper und Demokratie. In Kollaboration mit dem Kaleidoscope Chamber Orchestra, Jan Vogler & friends.

Ausgangspunkt der Veranstaltungsreihe ist die Erinnerung an die Wiedereröffnung der legendären Berliner Krolloper nach dem Ersten Weltkrieg im Jahr 1924, die eines der führenden Opernhäuser der Zwischenkriegszeit war und heute ein Symbol für die Erneuerung der Oper im 20. Jahrhundert sowie für den Kampf um demokratische Werte in Zeiten der Krise ist. Podiumsdiskussionen mit internationalen Wissenschaftler:innen und Künstler:innen widmen sich der Geschichte dieser prestigeträchtigen Institution und fragen nach den mannigfaltigen Beziehungen von Oper und Demokratie in der heutigen Zeit. Im Zentrum stehen das demokratische Potenzial der Oper und ihre möglichen Beiträge zu einem vielfältigen und inklusiven Miteinander. Diskutiert werden u. a. Aspekte der Demokratisierung von Oper, Fragen von Macht und Repräsentation, neue Formate, Besetzungs- und Programmpolitik, Erwartungen des Publikums sowie wissenschaftliche Herausforderungen und die Möglichkeiten der Institution, gerade auch verfolgten und unterrepräsentierten Künstler:innen eine Stimme zu geben. Begleitende Konzerte stellen Auszüge aus selten aufgeführten Bühnenwerken vor, teils von verfolgten Künstler:innen, teils aus Archiven als Weltpremieren.

Am 20. Januar 2024 wird die Reihe mit einer Veranstaltung im Thomas Mann House eröffnet: Zwei Konzerte, eine Keynote-Lecture und eine Podiumsdiskussion werden sich mit dem demokratischen Potenzial der Oper befassen. Werke von Kurt Weill, Lily Reiff, Richard Wagner und Edmond Dédé werden vom Kaleidoscope Chamber Orchestra und dem renommierten Cellisten Jan Vogler aufgeführt. An der Podiumsdiskussion nehmen mit Alex Ross, Kira Thurman und Daniela Solomon Levy drei renommierte Intellektuelle des internationalen Operndiskurses teil. Abgerundet wird das Programm durch eine Rede über eine Operngeschichte der Vielfalt von Michael Steinberg, einem Experten für US-amerikanische Musikwissenschaft.

Programm

Part I

Begrüßungsansprache & Einleitung

Einleitung von Joy H. Calico
Der Jasager, Klavier Oper bei Kurt Weill vorgetragen von Kaleidoscope Chamber Orchestra

Kurt Weills Schuloper Der Jasager wurde 1930 an der Krolloper in Berlin uraufgeführt: Der Komponist Kurt Weill und der Dichter Bertolt Brecht setzten sich mit dem Verhältnis zwischen Individuum und Gesellschaft (und umgekehrt) und der Idee einer „Übereinkunft“ auseinander, die sie in den Mittelpunkt der Handlung stellen. Am Ende beschließt der Protagonist, ein Junge, „ja“ zu sagen und sich für die Gemeinschaft zu opfern. Die Musik wird in einem Konzert mit dem Kaleidoscope Chamber Orchestra präsentiert.


Part II

Ja sagen? Oper und Demokratie im 21. Jahrhundert, Podiumsdiskussion mit Alex Ross, Kira Thurman, Daniela Smolov Levy, moderiert von Kai Hinrich Müller

In Anlehnung an Kurt Weills Der Jasager wird die Podiumsdiskussion die politischen Stimmen von Opernmachern im öffentlichen Diskurs sowie das „ja“ zur Institution Oper selbst untersuchen. Kai Hinrich Müller, Alex Ross, Kira Thurman und Daniela Smolov Levy diskutieren über die Demokratisierung des Musiktheaters, Zugänglichkeit, Vielfalt und gesellschaftliches Engagement sowie die Verantwortung der Oper im Sinne eines politischen Auftrags der Künste. Wie können Opernhäuser und Künstler:innen zur Stärkung demokratischer Werte beitragen, und wie kann die Institution Oper selbst in ihren Programmen, Erzählungen, Strukturen und Entscheidungsprozessen demokratischer werden?

Part III

Die Operngeschichte der Vielfalt, Keynote von Michael Steinberg

Salonkonzert mit Werken von Richard Wagner, Lily Reiff, Edmond Dédé gespielt von Jan Vogler & Freunden

Michael Steinberg leitet das Salonkonzert mit einer Auseinandersetzung mit einem der wichtigsten Aspekte der Beziehung zwischen Oper und Demokratie ein: der Vielfalt, die sich auch in der Institution Oper auf verschiedenen Ebenen widerspiegeln muss. Das Konzert mit Jan Vogler, einem der weltweit führenden Cellisten und Intendanten der Dresdner Musikfestspiele, präsentiert Musik von Richard Wagner, Lily Reiff und Edmond Dédé. Während ersterer der wohl bekannteste Komponist politischer Opern ist, sind die beiden anderen heute weitgehend vergessen. Lilly Reiff führte in Zürich einen bedeutenden Salon - Thomas Mann war einer ihrer Gäste und widmete ihr einen Abschnitt in seinem Doktor Faustus -, komponierte aber auch. Auszüge aus ihrer Oper Puck's Love Song werden zum ersten Mal in den Vereinigten Staaten aufgeführt. Auch der afroamerikanische Komponist Edmond Dédé hat trotz schwerer Rassendiskriminierung eine beeindruckende, fast unmögliche musikalische Karriere gemacht. Er wurde 1823 in New Orleans geboren und zog nach Frankreich, wo er als Dirigent und Komponist große Erfolge feierte. Dieses Konzert bietet eine Auswahl seiner Werke.

 


 

Teilnehmer:innen:

Joy H. Calico ist seit 2023 Professorin für Musikwissenschaft an der Herb Alpert School of Music und Lehrbeauftragte für Jüdische Studien an der UCLA. Sie hat Monographien über zwei Persönlichkeiten der deutsch-österreichischen Diaspora in Los Angeles veröffentlicht: Bertolt Brecht at the Opera (2008) und Arnold Schoenberg's A Survivor from Warsaw in Postwar Europe (2014), beide bei University of California Press. Ihre wissenschaftliche Arbeit wurde durch Stipendien und Zuschüsse der American Academy in Berlin, des DAAD, der ACLS und der NEH unterstützt, unter anderem. Sie ist Mitglied der internationalen Arbeitsgruppe des Black Opera Research Network (BORN).

 

Daniela Smolov Levy untersucht die Demokratisierung der Oper in der amerikanischen Gesellschaft, einschließlich der Präsenz der Oper im jiddischen Theater des frühen zwanzigsten Jahrhunderts und der Beteiligung jiddischsprachiger Menschen an der breiteren amerikanischen Opernszene. Daniela hat einen Doktortitel in Musikwissenschaft von der Stanford University, einen Master-Abschluss in Klavierspiel von der New York University und einen Bachelor-Abschluss in vergleichender Literatur und Musik von der Princeton University. Sie hat ihre Arbeit sowohl auf nationalen als auch auf lokalen Tagungen der American Musicological Society vorgestellt und hat auf Einladung Vorträge in Los Angeles (UCLA und California Institute for Yiddish Culture and Language) und New York (Jewish Music Forum) gehalten. Ihr Artikel "Parsifal auf Jiddisch? Why Not?" wurde 2014 in der                                                                           Zeitschrift Musical Quarterly veröffentlicht. Sie hat am Pomona College                                                                          und an der University of Southern California unterrichtet.

Thomas Mann Fellow Kai Hinrich Müller studierte an der Rheinischen Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn Musikwissenschaft, BWL und Rechtswissenschaft und wurde 2013 mit einer Arbeit zur Geschichte der Alte-Musik-Bewegung promoviert. 2022 folgte seine Habilitation. Er beschäftigt sich in seiner Forschung mit Richard Wagner und seiner Rezeption im Bayreuther Kreis sowie der völkischen Bewegung, mit Formen von Antisemitismus in der Musikgeschichte, dem Musikleben der Zwischenkriegs- und insbesondere NS-Zeit sowie der transatlantischen Operngeschichte mit besonderem Blick auf das amerikanische Exil. Er lehrt an der Hochschule für Musik und Tanz Köln, leitet Projekte im In- und Ausland und ist wissenschaftlich-künstlerischer Leiter der Terezín Music Academy im ehemaligen Ghetto Theresienstadt und des Bauhaus Music                                                                          Weekend.

Alex Ross ist seit 1996 Musikkritiker bei The New Yorker. Sein erstes Buch, The Rest Is Noise: Listening to the Twentieth Century, wurde mit dem National Book Critics Circle Award ausgezeichnet und war Finalist für den Pulitzer-Preis. Sein zweites Buch, Listen to This, ist eine Sammlung von Essays. Sein neuestes Buch ist Wagnerism: Art and Politics in the Shadow of Music, eine Abhandlung über Wagners enormen kulturellen Einfluss. Für The New Yorker hat er häufig über Thomas Mann und die Emigrantengemeinde in L.A. geschrieben.

 

 

 

Michael P. Steinberg ist Barnaby Conrad und Mary Critchfield Keeney Professor für Geschichte sowie Professor für Musik und Germanistik an der Brown University in Providence, Rhode Island, USA. Von 2016 bis 2018 war er Präsident der American Academy in Berlin. An der Brown University war er Gründungsdirektor des Cogut Center for the Humanities (2005-2015), Vice Provost for the Arts (2015-16) und Mitglied des Academic Priorities Committee (2019-20). Er ist Empfänger von Stipendien der John Simon Guggenheim Foundation, des American Council of Learned Societies und des National Endowment for the Humanities. Zu Steinbergs Büchern gehören The Afterlife of Moses: Exile, Democracy, Renewal (Stanford, 2022), The Trouble with Wagner (Chicago, 2018) sowie der Sammelband Makers of Jewish Modernity (Princeton, 2016; Gewinner des National Jewish Book Award für                                                                      Sachliteratur).

Kira Thurman ist eine preisgekrönte Historikerin und Musikwissenschaftlerin. Die klassisch ausgebildete Pianistin, die in Wien aufgewachsen ist, promovierte an der University of Rochester in Geschichte mit einem Nebenfach Musikwissenschaft an der Eastman School of Music. Ihr Buch, Singing Like Germans: Black Musicians in the Land of Bach, Beethoven and Brahms (Cornell University Press, 2021), zeichnet die Geschichte schwarzer klassischer Musiker im deutschsprachigen Raum während des 19. und 20. Thurman hat für Magazine wie die New York Times, The New Yorker und Frieze Magazine geschrieben und ist in Dokumentarfilmen und öffentlichen Radioprogrammen von PBS in Deutschland und den Vereinigten Staaten aufgetreten.

 

Jan Vogler is a renowned German-born classical cellist. Vogler’s distinguished career has brought him together with renowned conductors and internationally acclaimed orchestras around the world, such as New York Philharmonic, Leipzig Gewandhaus Orchestra, Deutsches Symphonie-Orchester Berlin and London Philharmonic Orchestra. His great ability allowed him to explore the sound boundaries of the cello and to establish an intensive dialogue with contemporary composers and artists. This includes regular world premieres, including works by Tigran Mansurian (with WDR Symphony Orchestra conducted by Semyon Bychkov), John Harbison (with Mira Wang and the Boston Symphony Orchestra), and many more.


Informationen zum Event:

Nur auf Einladung

Ort:

Thomas Mann House

 


Eine Kollaboration zwischen Thomas Mann House Los Angeles und dem Kaleidoscope Chamber Orchestra

 

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